Olga Malets

15. März 2019

Akademische Rätin an der Professur für Environ­mental Governance der Universität Freiburg |
Doktorandin am MPIfG von 2005 bis 2009

Nach Abschluss meiner Doktorandenausbildung am MPIfG im Jahr 2009 nahm meine Karriere eine etwas ungewöhnliche Wendung. Aus den Werde­gängen der Alumni der International Max Planck Research School on the Social and Political Constitution of the Economy (IMPRS-SPCE) ist zu ersehen, dass viele ihrer Absolventen, die der Wissenschaft treu bleiben, eine Stelle in soziologischen und politikwissenschaftlichen Instituten annehmen. Dagegen habe ich in den letzten neun Jahren verschiedene Positionen in den Bereichen Biowissenschaften, Umweltwissenschaften und Naturressourcenmanagement innegehabt. Ich blieb im Kontakt mit der MPIfG-Community, entdeckte aber gleichzeitig eine andere, ebenso lebendige und vielfältige Community von Wissenschaftlern, die sich mit Fragen des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit aus sozialwissenschaftlicher Sicht beschäftigen.

Meine beiden „Communities“ haben weit mehr Gemeinsamkeiten, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Nachhaltigkeitsforschung untersuchen Themen, die denen der MPIfG-Forscherinnen und -Forscher ähneln. Allerdings fokussieren sie sich dabei besonders auf Fragen aus dem Umwelt­bereich: Wie werden die gegenwärtigen Nutzungsarten der natürlichen Ressourcen, der Produktion und des Konsums gestaltet und legitimiert? Welche Auswirkungen haben diese Entwicklungen auf soziale Gruppen und die natürliche Umwelt? Können unsere Gesellschaften in eine bestimmte Richtung gesteuert werden, die insbesondere auf ein ­sozial- und umweltverträglicheres ­Produktions- und Konsumverhalten abzielt? Und wenn ja, wie?

»Ich bin Mitglied zweier Forschungs-Communities, die mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick scheint.«

Ebenso wie beim MPIfG stehen auch in dieser Community vor allem Fragen der Governance, der Politikgestaltung, des institutionellen Wandels, der Märkte und des wirtschaftlichen Handelns im Zentrum des Interesses. Die Grundlage der Forschung in diesem Bereich bildet ein vergleichbar breites Spektrum an sozialwissenschaftlichen Methoden, von ausgeklügelten quantitativen Methoden und Modellen bis hin zu historischen Fallstudien und Ethnografien. Vier ­Jahre am MPIfG sorgten dafür, dass ich bestens gerüstet war, sowohl von der Forschung dieser Community zu lernen als auch dazu beizutragen.

Meine erste Stelle war die einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Wald- und Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München. Dort verfolgte ich ab 2009 Ideen weiter, die ich in meiner Doktorarbeit entwickelt hatte – wobei viele davon in Gesprächen mit den zahlreichen Governance-Expertinnen und -Experten des MPIfG entstanden sind, darunter Renate Mayntz, Raymund Werle, Sigrid Quack.

Konkret habe ich an der Entwicklung eines Ansatzes gearbeitet, der erklärt, wie verschiedene öffentliche und private Akteure abstrakte globale Nachhaltigkeitsstandards in lokale Praktiken umsetzen. Diesen Forschungsrahmen habe ich auf meine empirische Studie angewandt. Sie befasste sich mit der Frage, wie transnationale, nichtstaatliche Standards zur verantwortungsvollen Waldbewirtschaftung des Forest Stewardship Council in die forstwirtschaftlichen Praktiken in Russland umgesetzt werden können. Durch die Projektarbeit entwickelte ich das Interesse an einem besseren Verständnis dafür, wie Regierungsstellen, zivilgesellschaftliche Organisationen und private Unternehmen interagieren, wenn sie transnationale Umweltstandards ­lokal umsetzen. Dabei ging es mir im weiteren Sinne darum, wie öffentliche und private Maßnahmen der Umweltpolitik miteinander in Wechselwirkung treten und sich gegenseitig beeinflussen. Zwischen 2014 und 2015 verbrachte ich mit diesem Projekt ein halbes Jahr an der Yale School of Forestry and Environmental Studies.

Während meiner Zeit in München und New Haven habe ich auch mit Sigrid Quack und ihrer MPIfG-Forschungsgruppe zur grenzüberschreitenden Institutionenbildung zusammengearbeitet. Gemeinsam haben wir an einem Ansatz geforscht, den wir Varianten der Rekursivität in der transnationalen Governance nennen. Dieser unterstützt das Erfassen und Analysieren rekursiver Zyklen der transnationalen Regelgestaltung und -implementierung in verschiedenen Governance-Organisationen und -Feldern.

Im Jahr 2015 nahm ich dann eine Stelle als akademische Rätin an der Professur für Environmental Governance der Fakultät für Umwelt und natürliche Ressourcen an der Universität Freiburg an. Einer der Forschungsschwerpunkte der Professur ist die Rolle der Märkte für nachhaltige Innovationen, wie beispielsweise saubere Technologien, im Bereich des Umweltmanagements. Dabei geht es uns zum einen um das Verständnis der Marktgestaltung für nachhaltige Inno­vationen und zum anderen um die Unter­suchung ihrer Verbreitung. Diese Forschung knüpft an eine lange Tradition der Technologie- und Innovationsforschung am MPIfG an und umfasst die Arbeiten von Renate Mayntz, Raymund Werle und Ulrich Dolata sowie die von Jens Beckert und seiner Forschungsgruppe zur Soziologie der Märkte. Zurzeit arbeite ich an einer vergleichenden Analyse der Entwicklung und Verbreitung innovativer nachhaltiger Technologien und Managementmodelle in der Landwirtschaft.

Zweifellos ist meine Ausbildung am MPIfG das Fundament, auf dem ich meine Karriere aufbauen konnte. Das MPIfG war aber auch ein Ort, an dem ich nicht nur viele Freunde, sondern auch meinen Mann kennenlernte, dessen Unterstützung entscheidend für mein Leben ist, seit ich Köln verlassen habe.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht