Doing the Game: Die moralische Ökonomie der Migration nach Europa

Hannah Pool

Seit mehr als vierzig Jahren zwingen Krieg und Unsicherheit Menschen in Afghanistan, innerhalb ihres Landes oder in die Nachbarstaaten Iran und Pakistan zu fliehen. Seit 2014 jedoch ist ein deutlicher Anstieg des Anteils afghanischer Flüchtlinge zu verzeichnen, die auf Migrationsrouten nach Europa gelangen und dort Asyl suchen. Dieses gefährliche und kostspielige Unterfangen wird als „Doing the Game“ bezeichnet. Wie wird undokumentierte Migration über internationale Grenzen hinweg ermöglicht, verhindert und durchgeführt? Das Projekt basiert auf den Ergebnissen einer ethnografischen Analyse sozialer Beziehungen und wirtschaftlicher Transaktionen in undokumentierter Migration und wie diese einander ermöglichen, formen und verstärken. Die Studie, die 2021 als Dissertation angefertigt wurde, zeichnet die Trajektorien afghanischer Migrierender durch Iran, die Türkei, Griechenland und entlang der sogenannten Balkanroute bis zu ihrer Ankunft in Deutschland nach und entwickelt eine dynamische und emische Erklärung dafür, wie soziale Beziehungen die für grenzüberschreitende Mobilität notwendigen wirtschaftlichen Interaktionen ermöglichen. Auf der Grundlage des dabei entwickelten erweiterten Konzepts der Moralökonomie der Zuwanderung nach Europa wird aufgezeigt, wie Mobilität entsteht und auch in Perioden von außen aufoktroyierter Immobilität aufrechterhalten wird. Dabei wird grenzüberschreitende Mobilität durch informelle Darlehen von Familienangehörigen, gegenseitige finanzielle Unterstützung der Migrierenden untereinander und durch die Aktivitäten von Schleusern beschrieben. Die Ergebnisse der Doktorarbeit werden gegenwärtig zu einer Buchpublikation verarbeitet.

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