„Populistische Ansteckungseffekte“ im Unterhaus: Ausmaß, Inhalt, Mechanismen und Bedingungen

Ebru Ece Özbey

Verschiedene neuere Studien argumentieren, die Politik in den liberalen Demokratien des Westens habe seit den 1990er-Jahren nach und nach populistische Züge angenommen. Zuzuschreiben sei dies nicht nur der steigenden Zahl populistischer Parteien, Führungspersönlichkeiten und Bewegungen, sondern auch deren Mitbewerbern aus der politischen Mitte, die sich ihnen ideologisch angenähert hätten. Gleichwohl konnten die bisherigen empirischen Befunde derlei „Ansteckungseffekte“ des Populismus nicht eindeutig belegen: Die vorhandene Literatur befasst sich überwiegend mit Wahlerfolgen und Wahlunterstützung, mit politischen Parteien als Untersuchungseinheiten sowie mit vorab anhand von Literaturstudien, Experteninterviews oder Umfrageergebnissen identifizierten Fällen. Dieses Dissertationsprojekt wird die theoretischen Argumente zu den Ansteckungseffekten des Populismus jenseits der parteipolitischen Sphäre überprüfen und dabei das vermeintlich lineare, unidirektionale Muster des Ansteckungsverlaufs (von Vertretern populistischer Ideologien zu jenen der politischen Mitte) hinterfragen. Hierzu verwendet es eine nichtnormative, engere Definition von Populismus und betrachtet ihn als ein eher graduelles denn dichotomes Phänomen. Gestützt auf einen Mixed-Methods-Forschungsansatz analysiert das Projekt Texte von Parlamentsdebatten sowie qualitative und quantitative Daten aus weiteren Quellen. Es ermittelt Messwerte für Populismus auf einer individuellen wie auch auf einer aggregierten Ebene und zeigt für den Zeitraum von 1997 bis 2017 die zeitlichen Trends der „Populistisierung“ auf. Darüber hinaus geht es den speziellen Inhalten verschiedener populistischer Manifestationen auf den Grund und erforscht den ausschmückenden Stil populistischer Kommunikation sowie die Mechanismen und Bedingungen populistischer Ansteckungseffekte.

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