Die Grenzen von Staatsschulden: Europäische Staatsschuldenkategorisierung, deren Anwendung und Reinterpretation

Vanessa Endrejat

Statistiken über Staatsverschuldung sind mächtige politische und gesellschaftliche Instrumente, deren Aussagekraft über Staatsfinanzen insbesondere nach der Eurokrise angezweifelt wurde. Das Dissertationsprojekt untersucht, wie die Grenzen in der Berechnung von Staatsschulden gezogen, angewendet und angepasst werden. Ein zentrales Objekt solcher Reinterpretationen sind Aktivitäten oder Institutionen, welche am Rande von Staatsbilanzen liegen, sogenannte Eventualverbindlichkeiten. So belasten beispielsweise Regierungsgarantien oder öffentlich-private Partnerschaften nur den Staatshaushalt, wenn bestimmte Bedingungen eintreten, während sie andererseits fiskalische Risiken bergen. Das Projekt fragt, wie Konflikte um die (Re-)Definition solcher Eventualverbindlichkeiten nach der Eurokrise gelöst wurden. Aufbauend auf feldtheoretischen Ansätzen, soziologischen Ansätzen zu Politikinstrumenten sowie der Soziologie der Quantifizierung analysiert es die Interaktion zwischen Akteuren und Statistikern der Europäischen Union und nationalen Institutionen im einzigartigen Post-Eurokrise-Kontext, der sich besonders durch die reflexive Anwendung und Reinterpretation statistischer Kategorien auszeichnet. Projektdauer: Oktober 2019 bis März 2023.

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