Die Politische Ökonomie von Wachstumsmodellen

Lucio Baccaro

Bisher hat die Vergleichende Politische Ökonomie die gesamtwirtschaftliche Nachfrage in ihren Theorien nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt und sich möglicherweise zu stark auf eine ländervergleichende Analyse von Institutionen der Angebotsseite konzentriert. Das ist das Fazit von Lucio Baccaro und Jonas Pontusson in ihrem im Jahr 2016 in der Zeitschrift Politics & Society veröffentlichten Artikel. Sie argumentieren, dass Wachstumsmodelle von Land zu Land unterschiedlich sind. So wurde in den fünfzehn Jahren vor Beginn der Finanzkrise 2008 das Wachstum in Großbritannien hauptsächlich vom Konsum getragen, in Deutschland vom (Netto-)Export; in Schweden hingegen von beiden und in Italien von keinem der beiden Faktoren. Dieses Projekt soll die Perspektive der Wachstumsmodelle erweitern. Es erforscht, wie Wachstumsmodelle hegemoniale Koalitionen abbilden, die klassen- und branchenübergreifend agieren und ihre eigenen Interessen als nationale Interessen darzustellen wissen. Dabei wird untersucht, wie sich solche Koalitionen empirisch identifizieren lassen, wie sie sich von Land zu Land unterscheiden und wie sie sich verändern. Wenn Zielkonflikte zwischen einer Stimulierung der Binnennachfrage und der (Netto-)Exporte vermieden werden sollen, bringt dies eine Erweiterung jener Exportbranchen mit niedrigerer Preiselastizität der Nachfrage mit sich. Welche Branchen sind das? Welche sozioökonomischen Voraussetzungen und politischen Weichenstellungen sind notwendig, um diesen Wandel erfolgreich zu vollziehen?

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